Naturpfad

Eine Stadt stirbt

Heute hatte ich einen kleinen Streifzug durch die nette Kleinstadt Waidhofen an der Thaya gemacht. Es ist schon ein paar Jahre her, dass ich das letzte Mal dort war und es bot sich ein erschreckendes Bild. Die Stadt ist wie ausgestorben, das Geschäftsleben, soweit noch vorhanden, kämpft sichtbar ums Überleben.

Im Herbst 2012 eröffnete hier ein Einkaufszentrum mit den verschiedensten Geschäften großer Ketten. Trotz immer wiederkehrender großer Reden der regionalen Politiker ist aber bisher nicht zur Wiederbelebung der Innenstadt gekommen. Im Gegenteil – immer mehr Geschäfte werden aufgegeben.

Die folgenden Fotos habe ich heute innerhalb einer halben Stunde in der Nähe des Stadtplatzes gemacht und ich habe dabei nicht jedes leere Geschäft fotografiert.

21 thoughts on “Eine Stadt stirbt

  1. Ronja

    Das war aber zu erwarten. Einen Teil meines Schülerlebens habe ich dort zugebracht. Aber bereits damals waren erste Anzeichen zu sehen. Richtig erholt von der Zeit des eisernen Vorhangs hat sich die Gegend ohnehin nie so wirklich.
    Aber hieß es nicht, der EU-Beitritt bringt Arbeitsplätze?

    1. Gerhard Reimann Post author

      Ich kenne diese Region erst seit 25 Jahren, aber in dieser Zeit hat sich im Rest des Landes doch wesentlich mehr getan als hier im nördlichen Waldviertel. Das fängt bei den Arbeitsplätzen an, grad in Waidhofen gibt es fast nichts und die Straßen wurden, wenn überhaupt, nicht vernünftig ausgebaut. Für die Jugend gibt es hier doch kaum eine Zukunft. In meinem Fall ist das ok, ich hab´s mir so ausgesucht. Doch tut es schon weh, wenn man zusehen muss, wie vieles systematisch zerstört wird.

      1. Ronja

        Damals war es auch nicht besser. Es war der Grund, warum ich damals wegzog. Wie soll eine Existenz aufgebaut werden, wenn es keine Möglichkeit dazu gibt?

        Landschaftlich ist es sie traumhaft, aber ohne Einkommen bleibt kaum eine Alternative.

        Wieso hat es dich rauf verschlagen?

        1. Gerhard Reimann Post author

          Kurze Zusammenfassung: geboren in Berlin und mir hat das Stadtleben nie gefallen. Wenn wir in meiner Kinderzeit während der Sommerferien Urlaub-auf-dem-Lande, meist im Fichtelgebirge, machten fühlte ich mich wohl. Später lernte ich eine Waldviertlerin kennen und irgendwann überzeugte ich sie, ins Waldviertel zu ziehen. Im Waldviertel angekommen, kam die Scheidung, sie zog weg und ich blieb mit unseren beiden Söhnen hier. Es gefällt mir hier.

          1. Ronja

            Also eigentlich der Liebe wegen (wenn auch auf Umwegen), das ist wunderbar.
            Ich weiß wie schwer ich es hatte mich in der Großstadt einzugewöhnen und ich merke bis heute, dass ich einfach kein Stadtkind bin. Wie ging es dir mit der Umstellung?

          2. Gerhard Reimann Post author

            Auch wenn ich in einer Großstadt geboren wurde, war ich doch nie ein „Stadtkind“. Mit der Umstellung war es dann überhaupt kein Problem für mich, da ich endlich in einer Umgebung leben durfte, die zu mir passt. Ich muss dazu vielleicht noch sagen, dass ich bereits vor dem Waldviertel schon in anderen ländlichen Gegenden lebte, das war beruflich bedingt, dass ich öfter umziehen musste/konnte. Was vermisst Du eigentlich in der Stadt am meisten?

          3. Ronja

            In der Stadt herrscht immer Hektik, es ist viel los und bis zum Wald raus brauch ich mindestens eine Stunde.
            Natürlich gefallen Trubel und „es ist was los“ vielen Menschen – ich gehör da nicht unbedingt dazu. Da helfen die ganzen Parks um mich herum auch nicht viel, wirklich Ruhe gibt es da nicht.
            Schätze, darum mag ich vor allem Wetter, wo wie meisten Menschen lieber in den Wohnungen bleiben.

            Es gab mal einen Satz in einer Serie, der mir gut gefällt. Original hieß er „man kann ein Mädchen zwar aus der Stadt bringen aber die Stadt niemals aus dem Mädchen.“ – ich dreh es um … ersetze Stadt durch Land – dann stimmt es bei mir …

            Ich finde es schön, dass dir das gelungen ist. Ehrlich? Das schaffen nicht alle. Hut ab.

  2. peter bachstein

    ich möchte nicht „gefällt mir“ anklicken, weil das dem problem nicht entspricht. es ist übrigens ein allgemeines problem – auch in den kleinen städten hier in der oberlausitz. bautzen, immerhin kreisstadt, präsentiert sich leider auch mit zahlreichen leerständen. manche der leeren läden haben schon seit jahren keinen betreiber mehr…

    1. Gerhard Reimann Post author

      Ja, es ist schon ein trostloser Anblick. Bei meiner letzten Fahrt nach Berlin, ich fahre immer direkt über Prag, dann die alte Zinnwalder Strecke und durch Dresden durch, habe ich viele leer stehende Geschäfte und auch still gelegte Fabrikanlagen gesehen. Den Vorstadt Einkaufszentren geht es blendend und die Kleinen zahlen drauf.

  3. Utasflow

    Ich schließe mich meinen Vorrednern an. Gefällt mir kann ich nicht klicken, erlebe ich doch diesen Verrlust an Ladengeschäften und Infrastruktur auch in Norddeutschland.

    1. Gerhard Reimann Post author

      Zur Jahrtausendwende hatte ich in Lübbecke gewohnt und da hab ich so die Anfänge der Auswirkungen von den Einkaufszentren erlebt, wusste aber nicht, das es jetzt schon solche Dimensionen erreicht hat.

      1. Utasflow

        Das Internet scheint für viele Menschen die attraktivere Einkaufsmöglichkeit zu sein. Ich habe für mich die Entscheidung getroffen mit meinem Kaufverhalten dazu beizutragen, dass Einzelhandelsgeschäfte vor Ort existieren können.

  4. oteske

    Das ist selbst bei uns in Oberursel inzwischen so. Es gibt nur noch Geschäfte die schaumischen Hochdruck Caffe und aufgewärte Brötchen verkaufen. Dabei hatten wir mal richtige Metzger, Bäcker, Tee und Caffe Geschäfte usw. alles weg.

    Aber coole Bilder, eine Tolle Serie!

    Gruß
    Oli

    1. Gerhard Reimann Post author

      Das mit dem Kaffee ist auch so eine Sache. Da wird uns suggeriert, dass dieses Hochdruckgebräu mit Farbe und Konsistenz von echten Kaffee trinkbar sein soll und hat dabei keinen wirklich guten Geschmack. Richtige Brötchen, ich sag lieber Schrippen, von Bäckers Händen geknetet, frisch gebacken – die schmecken schon ohne was drauf. Wo sind sie hin die schönen kleinen Dinger? Und dann die Preise für diese geschmacklosen, industriellen Mehl-Luft Gemische. Lebensfreude ist etwas anderes.
      Nun zu den Geschäften, die Geiz-ist-geil Mentalität hat da schon einiges beigetragen. Ich versuche schon meine Waren bei den ortsansässigen kleinen Geschäften zu kaufen, doch leider gibt es da nicht alles.

  5. JJacky

    Auch als Berlinerin, also an große Centren gewöhnt, gehe ich lieber in kleinen Geschäften einkaufen.
    Dieses Gewusel und „ich lauf mir nen Wolf“ Aufbau der Einkaufscenter ist mir zu nervig.
    Trotz der Traurigkeit, die diese Fotos ausstrahlen, habe ich alleine für die Thematik „gefällt“ gedrückt.

  6. drbruddler

    Hallo, ich schreibe hier nur, weil ich euch sagen möchte, dass dieses Problem überall ist. In kleinen Läden wird zu wenig gekauft. Ich sehe das tagtäglich.
    Selbst wenn die Preise gut sind, ist das Kaufverhalten schlecht. Was im Internet bedenken angeklickt wird, im Laden wird es stehen gelassen.
    Das ist jedoch unvermeidlich, weil immer einerseits mehr Leute jeden Cent herumdrehen müssen und kleine Läden überteuert einkaufen müssen.
    Diejenigen aber, die es sich leisten könnten, dort einzukaufen, bevorzugt in Einkaufszentren einkaufen, wo alle zu haben ist.
    Meiner Meinung nach liegt es an der Bequemlichkeit und am geiz ist geil-Bewußtsein der Käuferschichten, dass es so ist.
    Dieses Verhalten ist reine Selbstzerstörung, kann aber nur durchbrochen werden, wenn die kleinen Läden wieder finanziell gefördert werden, damit sie sich halten können. Gefördert von ihren Einwohnern und Gemeinden oder das Autofahren verboten ist (kleiner Scherz).

  7. Pingback: Mittwoch, den 10. Februar 2016 | Kulturnews

  8. Rachel

    Ja, das Kaufverhalten hat sich total verändert. Die Postleute können ein Lied davon singen, die Haushalte lassen sich per Klick alles nach Hause liefern.
    Ich gehe gern noch in unseren Konsum, lächel, ich mag noch Menschen treffen, mag selbst noch auswählen dürfen usw.
    Wir haben uns damals alle dafür eingesetzt, dass er bleibt,der Konsum!
    Und ja, die Ortschaften werden leerer, Gebäude verfallen, kaum jemand bleibt auf dem Land, zumindest die nicht, die der Arbeit noch hinterher jagen müssen. Aber irgendwann kommen sie wieder, davon bin ich überzeugt, dann, als Rentner, wenn der Stress abfallen soll…..

    LG; Edith

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